Lili und Pythagoras -Die Geschichte eines kleinen Fadens
Lili ist kein Mädchen und keine Frau. Sie ist – Lili.
Ein Wesen außerhalb der Zeit, jenseits von Alter und Alltagshektik.
Ihr Haar hat die Farbe der Nordsee bei Gewitter, und sie geht, als würde sie zwischen den Welten gleiten – hinter ihr ein kaum wahrnehmbarer Hauch aus Stille und Himbeermarmelade.
Neben ihr – Pythagoras. Ein Hase, genäht aus eben jenem Stoff, dessen Fäden Sichtbares und Unsichtbares verbinden. Philosoph und Wahrsager zugleich. Ein Ohr hört in die Vergangenheit, das andere fängt das Flüstern der Zukunft ein. Und dazwischen: ein unendliches Jetzt, in dem er und Lili imaginieren, wie sie zusammen Kakao trinken und geheime Pläne schmieden, um die Welt ein wenig besser zu machen.
Lili mag keine Knoten. Sie sagt: Alles Wahre hält nicht durch Festziehen, sondern durch feines Verweben und zarte Berührungen – wie der Flügelschlag eines Schmetterlings an einer Blüte, ein Wort am Herzen oder ein Blick, der ein Lächeln berührt.
Sie lebt auf einer Mosaikplattform, auf der jede Farbe wie ein Ton in ihrer inneren Sinfonie klingt: Rot sagt „Beweg dich“, Blau sagt „Schau hin“, Grün flüstert „Atme“, und Rosa? Rosa bedeutet: „Hier versteckt sich ein Wunder.“
Lili träumt davon, Dirigentin der Zufälle zu sein.
Damit du zum Beispiel nur kurz Brötchen holen willst – und mit einem neuen Traum nach Hause kommst. Oder in deiner Jackentasche einen fremden Zettel findest und plötzlich weißt: Das war ein Brief an dich.
Letzte Woche geschah Folgendes:
Pythagoras sagte plötzlich laut:
– Lili, ich glaube, du kannst sogar aus verlorenen Socken Glück nähen.
Seitdem ziehen sie einen unsichtbaren Faden durch die Straßen, biegen in Gassen ab, verschwinden in Cafés, verstecken sich zwischen Ästen und in den Ritzen der Bänke.
Und wenn du mitten am Tag plötzlich innehältst und ganz ohne Grund der Welt zulächeln möchtest –
dann war es vielleicht sie.
Lili. Mit Pythagoras.
Ihr Faden hat dich erreicht.
