„Ich wusste schon als Kind, dass ich Künstlerin bin“

„Ich wusste schon als Kind, dass ich Künstlerin bin“

von Markus Lippeck

Ein Gespräch mit Marina Krasnitskaya über innere Zustände, rostige Oberflächen und den Frieden im eigenen Selbst

 

Wenn man vor einem Bild von Marina Krasnitskaya steht, spürt man keine Absicht zur Erklärung. Ihre Arbeiten sprechen eine leise, aber eindringliche Sprache – die Sprache von Empfindungen, die nicht immer Worte brauchen. Wir haben mit ihr über ihren künstlerischen Weg, über das intuitive Arbeiten und über das stille Streben nach innerem Frieden gesprochen.

Marina, du bist in St. Petersburg geboren und hast später in Deutschland gelebt und gearbeitet. Wie hat deine Kindheit deinen künstlerischen Weg geprägt?

Ich bin in Leningrad in einer Künstlerfamilie geboren – und mit Skulpturen, Gemälden, Ausstellungen, Museumsbesuchen und Gesprächen über Kunst aufgewachsen. Ich war von Anfang an umgeben von Kreativität, es war wie eine selbstverständliche Sprache. Der Weg an die Mukhina-Kunsthochschule war ein natürlicher Schritt – eigentlich war es nie eine Frage, ob ich Künstlerin werde. Ich wusste es einfach schon als Kind.

Du hast in Deutschland später eine Werbeagentur gegründet. Ein starker Kontrast.

Ja, nach etwa zehn Jahren in Deutschland habe ich ein eigenes Werbestudio aufgebaut – das war eine ganz andere Welt, die mich fasziniert hat. Ich habe programmiert, animierte Webseiten gemacht, und empfand das alles wie ein Spiel. Es war wie ein paralleles Universum zu meinem künstlerischen Schaffen. Nach zwölf Jahren habe ich mich davon verabschiedet. Es war Zeit für etwas anderes.

Deine aktuelle Ausstellung trägt den poetischen Titel „Im Licht des Friedens“. Was bedeutet dieser „Frieden“ für dich?

Das war übrigens dein Titel, Anja! Aber ich habe ihn ganz für mich angenommen. Für mich ist das der Frieden mit sich selbst – mit dem eigenen Bewusstsein, den eigenen Emotionen. Der Weg dahin ist lang, kompliziert, 

schmerzhaft. Aber ich habe ihn gesucht – und gefunden. Vielleicht ist genau das das Licht, das ich meine.

Welche Gefühle spiegeln sich in deinen Arbeiten wider?

Alles, was zum Mensch sein gehört: Liebe, Hoffnung, Warten, Einsamkeit, Sehnsucht, aber auch Melancholie und Dunkelheit. Ich arbeite sehr intuitiv – meine Bilder entstehen aus dem Moment heraus, sie sind mein Zustand in genau diesem Augenblick.

Was hat es mit der Technik der Metalloxidation auf sich, die du häufig verwendest?

Vor ein paar Jahren habe ich damit begonnen, Metall zu oxidieren – das war ein Zufall, aber ich war sofort fasziniert. Diese Oberflächen sind für mich wie eine Form von Stille. 

Pinselstrich, keine Linie ist aufdringlich. Ich arbeite oft mit Acryl und Tusche darüber. Es ist ein sanfter, fast meditativer Prozess. Und jede Fläche ist einzigartig.

Kann Kunst die Welt verändern?

Ich glaube – leider – nicht. Kunst kann die Welt nicht retten. Wer für Kunst empfänglich ist, ist meistens nicht gewalttätig. Aber diejenigen, die Gewalt ausüben, sind für Kunst oft unzugänglich. Deshalb kann Kunst keinen Frieden im globalen Sinne bringen. Für mich bleibt sie ein sehr persönlicher Raum – ein Spiegel meiner eigenen Gefühle. Die heutigen Ereignisse in der Welt machen mich traurig, ja geradezu handlungsunfähig. Es ist schwer, in solchen Zeiten zu schaffen.

Wie geht es für dich weiter?

Ich möchte weiter mit oxidierten Oberflächen arbeiten, mit vielen Schichten und viel Zeit. Ich möchte auf meine Intuition hören – und ihr vertrauen.

Und was würdest du jungen Künstler:innen mitgeben?

Ich würde ihnen raten, immer hungrig zu bleiben – im besten Sinne. Sich nicht zufriedenzugeben, zu suchen, zu fragen, weiterzugehen. Jeder hat seinen eigenen Weg in der Kunst – aber man muss ihn wirklich wollen.

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